Sen-sa-tio-nell! Burghausen trotzt Schorndorf ein 15:15 Unentschieden ab

Szenze des Abends: Baschir Kartojev schultete Iuri Lomadze in der letzten Sekunde!
- 01.12.2025
"Unglaublich" - "einmalig" - "sensationell", so der Tenor des Burghauser Publikums, nachdem eine bärenstarke Wackerstaffel dem amtierenden deutschen Meister aus Schorndorf ein 15:15 Unentschieden abgetrotzt hatte. Aufgrund diverser Ausfälle im ohnehin schon dünnen Kader und der vorgegebenen Einsparmaßnahmen mussten die Burghauser Verantwortlichen in der Aufstellung improvisieren, doch am Ende rechtfertigte jeder Einzelne seinen Einsatz und viele der eingesetzten Athleten wuchsen förmlich über sich hinaus.
Einen Auftakt nach Maß lieferte wieder einmal Wackers Energiebündel Fabian Schmitt. Gegen Dominik Sigle punktete er nach einer Minute mit einem spektakulären Armzug aus dem Stand, ließ dann im Bodenkampf einen Durchdreher und Ausheber folgen und wurde noch in der ersten Hälfte technisch überlegener Punktsieger. Im Freistilschwergewicht konnte Chefcoach Eugen Ponomartschuk nicht auf Erik Thiele zurückgreifen, für ihn sprang Nachwuchsmann Alexander Kreimer in die Bresche. Kreimer, der eigentlich im griechisch-römischen Kampfstil zuhause ist, hatte mit dem deutschen Meister Mohsen Siyar eine unüberwindbare Hürde vor der Brust. Der Schorndorfer nutzte seine Geschwindigkeitsvorteile aus und wurde nach mehreren Beinangriffen überlegener Punktsieger. Beim Stand von 4:4 kam es dann zum Aufeinandertreffen zwischen Wackers Jamshed Panjshiri und Burak Demir. Der Kampf verlief ausgeglichen, ehe zum Ende der ersten Hälfte der Gästeringer nach einem Beinangriff und zwei darauffolgenden Durchdrehern mit 7:0 in Führung gehen konnte. In der zweiten Hälfte erhöhte der Wackerianer dann das Risiko und punktete selbst mit einem Beinangriff. Am Ende reichte es aber nicht mehr und der Gast setzte sich nach einem hitzigen Duell mit 3:10 nach Punkten durch. Nach seinem couragierten Bundesligadebut letzte Woche ging auch dieses Mal wieder Wackers Deutscher Jugendmeister Valentino Prelic im Halbschwergewicht auf die Matte. Gegen den amtierenden Vizeeuropameister Lucas Lazogianis konnte er über weite Strecken gut dagegenhalten, musste sich aber in der zweiten Hälfte mittels technischer Überlegenheit geschlagen geben. Beim Zwischenstand von 4:10 kam es zum Duell zwischen Witalis Lazovski und Ruslan Kudrynets. Im letzten Jahr konnte der Schorndorfer das Duell knapp für sich entscheiden, doch diesmal war schon in den ersten Sekunden ersichtlich, dass Lazovski auf Revanche aus war. Der Wackerianer war stetig im Vorwärtsgang und nutzte gleich die ersten Bodenlage, um mit seinem Spezialgriff, dem Ausheber zu punkten. Zu Beginn der zweiten Hälfte legte der Wackerianer dann mit einem blitzschnellen Take down im Standkampf nach, ließ nochmals einen Ausheber folgen und wurde am Ende nach einer ganz starken Leistung souveräner 7:0 Punktsieger.
Beim Zwischenstand von 6:10 eröffnete Eduard Tatarinov die zweite Hälfte und machte dort weiter, wo er letzte Woche gegen Kleinostheim aufgehört hat. Nach einer kurzen Phase des Abtastens zu Beginn punktete Tatarinov mit einem blitzschnellen Beinangriff, ließ im Boden einen Hammerlock folgen und drückte seinen Gegner unter dem Jubel der zahlreichen Zuschauer auf beide Schultern. Damit glich der SV Wacker auf 10:10 aus, doch jetzt kamen die ausländischen Asse des ASV Schorndorf. So traf Magomed Kartojev in der 75kg Freistilklasse auf den Belgier Ayub Musaev. Kartojev begann defensiv, ließ wenig zu und ging mit einem knappen 1:0 Rückstand in die Pause. In der zweiten Hälfte suchte er dann seine Chance, erhöhte den Druck und konnte nach knapp vier Minuten durch einen Take down mit 2:1 in Führung gehen. In den letzten zwei Kampfminuten verteidigte der Wackerianer dann entschlossen seinen Vorsprung und wurde vielumjubelter Punktsieger. Im Greco-Kampf der 80kg-Klasse traf Idris Ibaev dann auf den nächsten Schorndorfer Hochkaräter, den amtierenden Vizeweltmeister Ibrahim Ghanem. Es entwickelte sich ein hochintensives Duell, in dem mehrfach die Führung wechselte. Am Ende musste sich Ibaev denkbar knapp aufgrund der zuletzt erzielten Wertung seines Gegners mit 2:2 geschlagen geben. Somit glich Schorndorf im Gesamtstand wieder auf 11:11 aus. Was dann im vorletzten Kampf des Abends folgte, daran wird man sich wohl in ein paar Jahren noch erinnern. Die Zuschauer bekamen einer der spektakulärsten Kämpfe zu sehen, die es je in Burghausen gegeben hat - ein Drama, das selbst Alfred Hitchcock nicht besser hätte schreiben können. Doch der Reihe nach: Burghausens, in dieser Saison noch unbesiegter Nachwuchsmann Baschir Kartojev, traf im 75kg Greco-Limit auf Schorndorfs Topstar, den Georgier Iuri Lomadze. Lomadze ging klar favorisiert in den Kampf, schließlich hat er in den letzten sechs Jahren nur einen einzigen Kampf in der Bundesliga verloren. Und der Gästeringer nutzte gleich zu Beginn eine Unaufmerksamkeit des Wackerianers mit einem Take down und ließ zwei sehenswerte Ausheber folgen. Somit stand es nach nicht einmal 40 Sekunden bereits 0:9. Als Lomadze beim Stand von 0:10 dann noch einmal die Chance bekam mit seinem Ausheber zu punkten, gingen viele schon von einem vorzeitigen Sieg des Favoriten aus. Doch Kartojev meisterte die Situation und es begann die wohl phänomenalste Aufholjagd in der Vereinsgeschichte des SV Wacker Burghausen. Der junge Burghauser machte immensen Druck und marschierte immer mehr nach vorne. Kurz vor der Halbzeit gelang ihm die erste Wertung und es ging mit einem 1:10 in die Pause. In der zweiten Hälfte erhöhte Kartojev noch einmal das Tempo, zermürbte den Schorndorfer konditionell, doch dieser konnte sich mit viel Geschick immer wieder aus misslichen Lagen befreien. So ging Kartojev mit einem 4:10 Rückstand in die letzte Kampfminute und es schien ihm die Zeit davon zu laufen. Doch angetrieben von den Zuschauern und mit schier unerschütterlichem Willen und Glauben an sich selbst, konnte er 10 Sekunden vor Schluss auf 8:10 verkürzen, ehe er in den letzten Sekunden noch einmal alles auf eine Karte setzte: Mit einem Angriff zur Hüfte warf Kartojev den Favoriten zwei Sekunden vor Ende auf den Rücken und drückte den völlig erschöpften und konsternierten Schorndorfer auf beide Schultern. Die Zuschauer riss es förmlich von den Sitzen und die Halle bebte. Baschir Kartojev hatte das schier Unmögliche möglich gemacht und brachte damit sein Team wieder in Führung. Im letzten Kampf des Abends traf Mansur Dakiev auf den deutschen Spitzenringer Dawid Wolny. Der Schorndorfer war an diesem Tag der Bessere und stellte somit den 15:15 Endstand her.
Nach dem Kampf waren sich alle Anwesenden Wackerfans einig: Selten fühlte sich ein Unentschieden mehr wie ein Sieg an als an diesem Abend. Damit bewiesen die Burghauser eindrucksvoll, dass der eingeschlagene Kurs mit einer verstärkten Fokussierung auf einheimische Deutsche Ringer durchaus Erfolg haben kann. In jedem Fall wird dieser Spitzenkampf allen Sportlern und den Zuschauern noch lange in Erinnerung bleiben.











